Bethnal Green - Arrival City. Bis vor wenigen Jahren hat sich kaum einer hierher getraut. Bandenaktivitaeten und Kriminalitaet machten das Viertel im East End Londons zu einer unwirtlichen Gegend. Das ist heute anders. Bethnal Green ist in. Bethnal Green ist trendy. Die Hauspreise rasen in die Hoehe - und verdraengen einkommensschwache Familien.
In Bethnal Green wundert man sich kaum ueber Exzentriker. Die Strassen erinnern an gewissen Tagen an einen ueberdimensionalen Laufsteg. So wunderte man sich auch kaum ueber den Mann, der vor einigen Wochen mit einem meterhohen Kruzifix auf dem Ruecken seines Weges ging. Ein Passant jedoch war verwundert genug, um ein Foto zu machen und es in die Welt zu zwitschern.
Die Gemeinde der St Matthews Church in Bethnal Green wundert sich derweil, wo ihr Kruzifix ist. Es haengt an jenem Morgen nicht wie ueblich ueber dem Altar. Der leidende Jesus ist weg. Jemand hat das Kruzifix gestohlen! Auch das wird in die Welt gezwitschert. Beide Tweets verbreiten sich in Nullkomanichts. Wer ist der Kruzifix-Dieb?
Drei Tage spaeter faehrt ein Taxi vor die Kirche. Ein Mann steigt aus, geht in die Kirche und haengt verschaemt das Kruzifix zurueck. Er entschuldigt sich. Vor einigen Tagen sei er in die Kirche gekommen, wuetend auf Gott, in einer Lebenskrise, habe sich gesetzt, habe gerungen, und kurzerhand das Kruzifix mitgenommen.
Die Welt stand fuer einen Tag Kopf in Bethnal Green: nicht Jesus hat die Last des Mannes geschultert, sondern der unbekannte Mann den gekreuzigten Christus.
Freitag, 28. März 2014
Montag, 10. März 2014
Warum Fasten kein Verzicht ist
Zwingli nahm es locker mit dem Fasten. "Kein Christ ist zu den Werken, die Gott nicht geboten hat, verpflichtet. Er darf also zu jeder Zeit jegliche Speise essen", sagt der Zuercher Reformator. Das Fasten ist in der schweizerischen reformierten Tradition nicht verankert. "Wem das Fasten hilft, zu Gott zu kommen, der faste. Wer auch ohne Fasten die Ruhe, Tiefe und Zeit hat, zu Gott zu finden, der faste nicht," heisst es auf der Webpage der Reformierten Kirche des Kantons Zuerich. Das Fasten wurde in den reformierten Kirchen ueber lange Zeit kaum thematisiert, doch so langsam schleicht sich die christliche Tradition in reformierte Kirchenbaenke zurueck. Das Netzwerk Junge Erwachsene der St.Galler Kantonalkirche zusammen mit dem Bistum St.Gallen fuehrt jedes Jahr die Aktion '40 Tage ohne' durch - da Fasten zusammen einfacher geht. Man tauscht sich aus und kriegt Gedankenanstoesse, die durch die Fastenzeit begleiten.
Traditionen und Konfessionen beiseite - was bringt fasten? Warum tun es immer mehr? Ich habe letztes Jahr zum ersten Mal gefastet, eine neue Art von Fasten, bei der Zwingli wohl nur verwirrt mit den Schultern gezuckt haette: Facebook-fasten. Social Media fasten ist der neueste Fastentrend - und tut genau das mit uns, was wir uns vom Fasten erhoffen: es transformiert.
Bei mir ging das so: Irgendwann im Januar 2013 hat mein Freund besorgt zu mir gesagt, dass ich ja gar keine Buecher mehr lese. Er habe mich schon seit Monaten nicht mehr mit einem Buch in der Hand gesehen. Seit meinen ersten Leseversuchen bin ich als Buecherwurm bekannt, habe mich in der Schule heimlich vom Pult unter den anderen Pulten durch in die Leseecke geschlichen (im Glauben der Lehrer sieht's nicht - der hat aber wohl eher gedacht, da hinten ist sie wenigstens ruhig, tu ich mal lieber so als ob...), habe wagemutig beim Gehen gelesen und mein Leben einigen vorsichtigen AutofahrerInnen zu verdanken, habe meine Buecher in einem Baumloch auf der Bluteiche im elterlichen Garten versteckt, wo ich in angenehmer Hoehe gelesen habe, bis die Buecher von Wuermern zerfressen waren (unersetzliche Biologie-Lektion!). Ich habe nicht mehr gelesen. Das Smartphone hatte meine Konzentrationsfaehigkeit regelrecht zerstoert. Ich war nur noch auf das High der schnellen Information aus, statt auf den entspannenden Effekt des Buchlesens.
40 Tage Facebook Fasten, und ich las wieder. Zwar klebe ich ein Jahr spaeter genauso wieder an meinem bloeden Smartphone (Inbegriff der Hassliebe), aber ich bin auch immer an einem Buch, und wenn ich eins ausgelesen habe, muss das naechste her. Das mit dem Kindle habe ich probiert, aber es hat nicht geklappt. Der hat nur zum Lesestopp beigetragen. Heute schleppe ich wieder richtige Buecher mit in die U-Bahn - die beste Lesestube der Welt.
Ich war beeindruckt vom tranformativen Effekt des Fastens, und wollte dieses Jahr wieder etwas fasten, das mich zu mir zurueckbringt. Und so verzichte ich auf den guten alten Alkohol, der Fastenklassiker, der innert dreier Tage zu den gewuenschten Effekten fuehrt: tiefer Schlaf, innere Ruhe, und einen hellwachen Geist. Transformiert Koerper und Geist in Nullkomanichts! Fleisch habe ich grad auch dazugenommen: wenn schon, dann richtig. Interessanterweise nehme ich das Fasten gar nicht als 'Verzicht' sondern als Gewinn wahr. Man koennte es glatt das ganze Jahr tun.
Aber ich freue mich dann doch wieder auf ein grosses Steak mit Bier im pfarrhaeuslichen Garten.
Traditionen und Konfessionen beiseite - was bringt fasten? Warum tun es immer mehr? Ich habe letztes Jahr zum ersten Mal gefastet, eine neue Art von Fasten, bei der Zwingli wohl nur verwirrt mit den Schultern gezuckt haette: Facebook-fasten. Social Media fasten ist der neueste Fastentrend - und tut genau das mit uns, was wir uns vom Fasten erhoffen: es transformiert.
Bei mir ging das so: Irgendwann im Januar 2013 hat mein Freund besorgt zu mir gesagt, dass ich ja gar keine Buecher mehr lese. Er habe mich schon seit Monaten nicht mehr mit einem Buch in der Hand gesehen. Seit meinen ersten Leseversuchen bin ich als Buecherwurm bekannt, habe mich in der Schule heimlich vom Pult unter den anderen Pulten durch in die Leseecke geschlichen (im Glauben der Lehrer sieht's nicht - der hat aber wohl eher gedacht, da hinten ist sie wenigstens ruhig, tu ich mal lieber so als ob...), habe wagemutig beim Gehen gelesen und mein Leben einigen vorsichtigen AutofahrerInnen zu verdanken, habe meine Buecher in einem Baumloch auf der Bluteiche im elterlichen Garten versteckt, wo ich in angenehmer Hoehe gelesen habe, bis die Buecher von Wuermern zerfressen waren (unersetzliche Biologie-Lektion!). Ich habe nicht mehr gelesen. Das Smartphone hatte meine Konzentrationsfaehigkeit regelrecht zerstoert. Ich war nur noch auf das High der schnellen Information aus, statt auf den entspannenden Effekt des Buchlesens.
40 Tage Facebook Fasten, und ich las wieder. Zwar klebe ich ein Jahr spaeter genauso wieder an meinem bloeden Smartphone (Inbegriff der Hassliebe), aber ich bin auch immer an einem Buch, und wenn ich eins ausgelesen habe, muss das naechste her. Das mit dem Kindle habe ich probiert, aber es hat nicht geklappt. Der hat nur zum Lesestopp beigetragen. Heute schleppe ich wieder richtige Buecher mit in die U-Bahn - die beste Lesestube der Welt.
Ich war beeindruckt vom tranformativen Effekt des Fastens, und wollte dieses Jahr wieder etwas fasten, das mich zu mir zurueckbringt. Und so verzichte ich auf den guten alten Alkohol, der Fastenklassiker, der innert dreier Tage zu den gewuenschten Effekten fuehrt: tiefer Schlaf, innere Ruhe, und einen hellwachen Geist. Transformiert Koerper und Geist in Nullkomanichts! Fleisch habe ich grad auch dazugenommen: wenn schon, dann richtig. Interessanterweise nehme ich das Fasten gar nicht als 'Verzicht' sondern als Gewinn wahr. Man koennte es glatt das ganze Jahr tun.
Aber ich freue mich dann doch wieder auf ein grosses Steak mit Bier im pfarrhaeuslichen Garten.
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