Montag, 31. Oktober 2011

Quer durchs Leben und über den See

Eine Beerdigung zwecks Studium: so begann das Wochenende. Am Freitag hielt mein Lehrpfarrer eine Abdankung. Ich sass unter den Trauernden und fühlte mich wie ein Fremdkörper, fast voyeuristisch. Es geht um Leben und Tod. Um das endgültige Aus des Lebens auf der Welt, das endgültige Aus der alltäglichen Beziehungen und das Unwiderbringliche. Und man sitzt da als Vikarin und schaut zu, wie der Pfarrer durch die Feier führt, damit man es dann einmal selber tun kann. Hin und wieder rutscht man selber in die Emotionalität, weint um einen Menschen, den man nicht gekannt hat, in Erinnerung an die eigenen Verstorbenen.

Eine Stunde später geht's los ins Jugend-Weekend. Zwei Einkaufswagen voll gepackt mit Nahrungsmitteln und Arbeitsmaterial fahren wir beim Eindunkeln ins Pfadiheim Speicherschwendi. Als wir das enge, steile Strässchen zum Pfadiheim hinunterkurven, ist es bereits zappenduster. Der Schlüssel ist unauffindbar, der Bauer flucht uns an, im Wechseltakt mit seinem aggressiven Hund, und da parken vor dem Haus nicht möglich ist, müssen wir die Kisten einen kleinen Fussweg gepflastert mit Kuhscheisse hinunterbalancieren. Ein paar Fehltritte später haben wir es alle bis zur Hütte geschafft. Nach einer halben Stunde kommt auch der Schlüssel und nach einer weiteren halben Stunde ist die Tür geöffnet und der Stromhauptschalter gefunden. Den Rest des Abends sitzen wir am Feuer und reden über die grossen Fragen des Erwachsenwerdens.




Nach der Konfirmation gibt es in der Haldengemeinde zwei Möglichkeiten, sich einer Gruppe anzuschliessen: Die Jugendlichen können entweder Hilfsleiter/Hilfsleiterin im Konf-Unterricht werden und lernen, selber einen Konf-Abend vorzubereiten und zu leiten. Während eines Wochenendes werden sie auf dieser Leitungsaufgabe vorbereitet. Oder man schliesst sich den Young Believers an, eine Gruppe, die eigenständig Jugendgottesdienste gestaltet. Diese Gruppe hat auch eine Band, die wöchentlich im Bandraum der Gemeinde probt. 


Am Sonntagmorgen war früher Aufbruch angesagt. Last minute cleaning im Schnelldurchlauf. Es ging gleich weiter an den Bodensee, wo wir gemeinsam mit 500 freiwilligen Mitarbeitenden der Gemeinde Tablat einschifften. (Die Kirchgemeinde Tablat umfasst sechs Kirchkreise der Stadt St.Gallen, eine davon die Halden.) Den ganzen Tag verbrachten wir auf dem See, einige mit auffällig langen und übermüdeten Gesichtern. Auf dem unteren Deck gaben sich die Pfarrer ein ehrgeiziges Duell am Tischfussballtisch. Am Oberdeck taten die Young Believers dasselbe mit SingStar. Gegen Lukas (im gelben Pulli) hatte niemand eine Chance. Er sang uns alle an die Wand. 

Und heute, am Montag, ist (fast) Pfarrersonntag, wären da nicht die vier Lektionen an der Sekundarschule...

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Seniorengespräche

Am Seniorennachmittag

Seniorin: "Sie sind aber mutig!"

Ich: "Warum?"

Sie: "Pfarrerin werden! In dieser Zeit!"

Schülergespräche

Protokoll aus dem Religionsunterricht, 2. Sekundar (ca. 12 Jahre alt)

Thema: Prophetie im Alten Testament

Ich: "Die Propheten des Alten Testaments haben die Missstände in der Gesellschaft angeprangert. Die Reichen haben auf Kosten der Armen gelebt. Anstatt einen Teil ihres Vermögens den Armen abzugeben, haben sie ihre Feste gefeiert. Die Propheten haben an die Botschaft Gottes erinnert. Die Reichen sind dazu aufgefordert, für einen Ausgleich in der Gesellschaft zu sorgen statt verschwenderische zu leben. Die Menschen sind füreinander verantwortlich."


Schüler: "Ja aber der Reiche der hat auch gearbeitet für sein Geld! Selber schuld, wenn man nicht arbeitet. Dann ist man halt arm."


Ich: "Wie ist es denn, wenn einer das Geld von seinen Eltern erbt und der andere 10 Stunden pro Tag auf dem Bau arbeitet? Der arbeitet ja viel mehr und hat trotzdem viel weniger."


Schüler: "Ja die Eltern des Reichen haben halt hart gearbeitet!"


Ich: "Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Andere Meinungen?"


Schüler: "Der Reiche kann ja etwas spenden! Das wäre gerecht."


Ich: "Wo kann man denn sein Geld spenden?"


Schüler: "Es gibt so Organisationen, die haben Projekte in armen Ländern, zum Beispiel in Afrika. Wenn man denen Geld schickt, helfen sie den Armen."


Anderer Schüler: "Ja aber ich habe eine Reportage gesehen. Das Geld brauchen sie im Fall für sich selber! Zum Beispiel in Haiti, da kommt das Geld gar nicht zu den armen Menschen wegen der Regierung."


Ich: "Es ist wichtig, sich gut über eine Organisation zu erkundigen. Es gibt Organisationen, die brauchen ganz viel vom Spendegeld für den eigenen Arbeitsaufwand. Oder das Geld versandet, weil die Regierungen es nicht weitergeben. Informiert euch gut!"


Schüler: "Aber die, die für die Organisation arbeiten, also in der Schweiz, die brauchen ja auch einen Lohn. Das ist schon in Ordnung. Sonst sind die ja dann arm und brauchen selber Spenden."


Soll noch einer sagen, die Heranwachsenden seien desinteressiert und ignorant! Das Gespräch ist ohne mein Zutun entstanden. Ich habe lediglich den Ball ein bisschen hin und her gespielt.

Ein Wehmutstropfen: Es sind vor allem die Jungs, die diskutieren. Die Mädchen lassen sich kaum zu einer Meinung herausfordern. Schulterzucken ist die häufigste Antwort.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Blick in die Agenda

So sieht ein Vikariatstag zum Beispiel aus...

10 Uhr: Einzelsupervision
Im Gesamtpaket Vikariat inbegriffen: Einzelsupervision mit Lehrpfarrer und einem externen Supervisor. Findet ungefähr alle sechs Wochen statt. Kann allfällige Konflikte, Krisen und Katastrophen vorbeugen und begleiten und gibt den grossen und kleinen Fragen rund ums Vikariatsdasein Raum.

11:30 Uhr: Agenda abgleichen
Wer macht wann welchen Gottesdienst und welchen Konfabend... Wann finden die Zwischenauswertungen statt... Sind auch sicher alle Sitzungen eingetragen...

12 Uhr: Mittagessen

13:30 Uhr: Blog schreiben, Mails checken

14 Uhr: Artikel fertig schreiben
Den Artikel schreibe ich für die deutsche Zeitschrift "Arbeitshilfen wum Weitergeben". Zielpublikum: Katechetinnen. Thema: europäische Ökumene anhand einer Bibelarbeit zu Epheser 4,2-6. Zeichen: 17'000.

Wohl so um 16:30 Uhr: Pause mit Postgang
Die Beschwerde an die Sunrise Geschäftsstelle muss noch ab, da ich aufgrund eines falsch abgeschlossenen Vertrages eine horrende Telefonrechnung gekriegt habe. Der Verkäufer von der Verkaufsstelle Multergasse hat den Fehler eingestanden.

18 Uhr: Besprechung Jugendweekend
Mit der Jugendarbeiterin, dem Lehrpfarrer und einer Gruppe junger Erwachsener aus verschiedenen Jugendgruppen der Kirchgemeinde werde ich Freitag bis Sonntag im Pfadiheim Speicherschwendi verbringen. Wie wollen sich die Jugendgruppen in Zukunft in die Gemeinden einbringen? Was läuft gut, was nicht? Wer plant den nächsten Jugendgottesdienst? Wie können neue Leute nachgezogen werden? Und vor allem viel Spass, Gespräch und Abhängen!

20 Uhr: Sitzung Haldenrat
Der ökumenische Rat der Kirchgemeinde trifft sich einmal im Monat, um Gemeindeprojekte, Personelles und Veränderungen in der Gemeinde zu besprechen.

Hoffentlich um 22 Uhr: Meeting mit Lorelai und Rory Gilmore

Montag, 24. Oktober 2011

Der erste Kuss

Eigentlich wollte ich nur schnell den Müll rausstellen.

Auf dem Weg zum grossen, silbrigen Müllschlucker, gleich neben der Tonhalle, kam ich an den blinkenden und duftenden Stände des Olma-Jahrmarktes vorbei. Für einen Franken schnauste ich ein Erpeeri aus roter Zuckermasse, so eines, wie ich als Kind von meinen Eltern bekam. Zweimal im Jahr, anlässlich des Jahrmarktes. Als Teenager kaufte ich mir das Erpeeri dann selber, aus meinem Taschengeld, oder liess es mir von einem Buben schenken, der ein bisschen in mich verknallt war. Das war nur meistens nicht derjenige, den ich haben wollte - oder vielleicht doch? Besonders an der Olma wechselte der Herzbube im Stundentakt.

Teenager-Liebe. Rückblende. Meinen ersten Kuss habe ich meinem Konfirmationspfarrer zu verdanken. Zarte fünfzehn Jahre, im Konfirmandenlager, bekam ich jedes Mal Herzpöpperln, wenn der 17-jährige Hilfsleiter mich ansah. Er hiess Sämi und ich konnte das Gefühl nicht einschätzen. Deshalb fand ich ihn blöd und war richtig fies zu ihm. Der Konfirmationspfarrer aber (der hiess Sigi), der hat meine emotionale Innenwelt richtig interpretiert und ein ernstes Wörtli mit mir und mit Sämi geredet. Er vermutete nämlich, dass wir uns nicht doof fänden, sondern eher ganz flott. So kam es zum ersten Kuss am Lagerfeuer, während Sigi die Klampfe schlug und die anderen "Das alte Haus von Rocky Tocky" johlten. Die Konfirmationsliebe hielt drei Wochen. Der Sämi hat es sogar zum Abendessen zu meinen Eltern geschafft. Es gab Hähnchen.

Das kirchliche Trauma blieb mir wahrscheinlich deshalb erspart. Der Konfirmationsunterricht hat mir in solch komplizierten Dingen wie der pubertären Gefühlswelt den Weg gewiesen. Im Vergleich zu Schule und Elternhaus eine eher progressive Grundhaltung...


Es war auch Olma-Zeit damals. Und so zogen mich die Lichter auch an diesem Abend in den Bann. Ich schlenderte über den Jahrmarkt. An mir zogen die Schnapsdrosseln aus der Halle 5 vorbei. Das wiederum erinnerte mich an die Slalom-Ski-Wettbewerbe von früher. Nur dass die Fähnchen ständig Standort wechselten und nach Knoblibrot und Bier rochen. Ein paar erste Küsse glaubte ich auch beobachten zu können. Ein paar Minuten später blieb ich unter einer Bahn stehen, wo die Leute kopfstehen und kreischen. Ich schaute nur von unten und dachte, dass das böse ins Auge gehen würde, wenn die Schrauben dieser Bahn locker wären. Dann fiele diese schwere Stahlkonstruktion samt kreischenden Menschen auf mich. Eine recht unübliche Todesart.  Aber ich habe überlebt. Bevor ich mich meinen schwarzen Gedanken hingeben konnte, standen plötzlich ehemalige Schulkollegen vor mir. Und schon hatte ich einen Tutschauto-Jeton in der Hand und versuchte die anderen möglichst frontal zu rammen, wobei ich mir beinahe ein Schleudertrauma zugezogen hätte. Auf der Geisterbahn hatte ich dann aber andere Sorgen. Traumatisiert von früher fürchtete ich mich vor den Skeletten, die da gleich ihre knochigen Finger nach mir ausstrecken würden. Ich musste tatsächlich 31 werden, um das Trauma endlich zu überwinden. Das gelang recht einfach, weil ich vor allem die provisorisch zusammen geschusterten Wände und Stoffe wahrnahm, die hier und da Löcher hatten und die fiesen Gespenster noch vor ihrer Untat in unvorteilhaftes Licht stellten. Früher war das alles voll gut abgedichtet und die Bahn ging viiiiel länger. Und es gab echte Menschen!

Eigentlich wollte ich nur schnell den Müll rausstellen.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Auf High Heels zur Kanzel - oder: die Sorgen einer Vikarin vor der ersten Predigt

Die Gemeinde starrt mich an. Ich lausche meinen eben geäusserten Worten nach: "Ich lese nun das Gedicht Herbstmanöver der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann." Dann senke ich den Kopf, um das literarische Wunderwerk zum besten zu geben, so wie ich es am Tag vorher mehrere Male geübt habe. Aber vor mir liegt kein Gedicht. Stattdessen ist der Kanzelpult übersät mit Müll, Blättern, Essenresten, alles drunter und
Muellhaldedrüber, chaotisch von den Pfarrkollegen liegen gelassen. Ich wühle, lächle gequält in die Menge, vielleicht merkt es ja niemand. Die Gemeinde wird unruhig. Ich finde das Gedicht nicht, also suche ich halt die Predigt, was soll's machen wir halt gleich mit der Predigt weiter. Aber auch die ist im Abfallhaufen nicht zu finden. Ich entschuldige mich kurz, stürme nach hinten zur Sakristei - insofern ich denn stürmen kann, denn ich bemerke gerade, dass ich knallrote High Heels trage. Finde auch in der Sakristei meine Blätter nicht, stolpere zurück zum Kanzelpult und schaue meinen Lehrpfarrer an. Er ist ja schliesslich da, um mir zu helfen. Doch er schaut mich nur verächtlich an, dreht sich lachend zur Gemeinde und sagt: "Na, da muss man sich aber schon ein bisschen besser vorbereiten, wenn man Pfarrerin werden will!" Und zu mir: "Hilf dir selber aus der Patsche."

Ich wache auf.

Es ist Sonntag Morgen. Heute halte ich zum ersten Mal alleine einen Gottesdienst. Predigt geschrieben, liturgischer Ablauf bereit, Organist und Messmerin informiert. Traumatisiert von der nächtlichen Horrorvision kontrolliere ich drei Mal, ob ich alles dabei habe. Es ist mir recht mulmig zumute, eine Gemeinde durch den Gottesdienst zu leiten. Ist es nicht anmassend bestimmen zu können, worüber in der Kirche nachgedacht und wofür gebetet wird? Die Gewissheit, dass mir das zusteht, hat mich bisher noch nicht heimgesucht. Mich plagen Zweifel, ob ich gläubig genug bin, um einen Gottesdienst zu leiten. Aber jetzt ist es zu spät. Es ist Sonntag Morgen 9 Uhr und in eineinhalb Stunden bin ich dran, egal wie gross meine Zweifel an meiner Frömmigkeit grad sind. Das muss ich jetzt pragmatisch sehen.

In der Kirche versichere ich mich zuerst, dass der Kanzelpult aufgeräumt ist, und lasse mir dann von meinem Lehrpfarrer versichern, dass er mir bei Aussetzern zu Hilfe eilen wird.

Alles läuft gut. Innerlich bin ich angespannt. Locker fühlt sich anders an. Aber ich ziehe den Gottesdienst durch, alle Einsätze kommen rechtzeitig und die Worte fliessen wie geplant. Auch die beiden Sonntage darauf stehe ich vor der Gemeinde und halte den Gottesdienst. Beim dritten Mal habe ich mich soweit entspannt, dass ich endlich auch die Gemeinde wahrnehme und meine innere Anspannung mir nicht die ganze Energie absaugt. Die Form des Gottesdienstes nähert sich bei der dritten Performance allmählich dem, was ich unter Gottesdienst verstehe - partizipativ, unter Einbezug der Gemeinde, gemeinsam feiern statt eine One-Woman-Show abziehen. Fazit nach drei Sonntags-Gottesdiensten:

Die sichtbare Präsenz der Pfarrerin während dem Gottesdienst sinkt mit wachsendem Selbstvertrauen.

Tutto chiaro?

Freitag, 14. Oktober 2011

Skifahren bei Sonnenuntergang - London days!

Zwischen zwei Sonntagspredigten tauche ich ein paar Tage ab in die mitreissende, hinreissende, zerreissende London-Welt. London ist eine Sucht. Kaum ist man drin, will man mehr und für immer. Die Tage sind zu kurz, die Träume zu gross. 

Station 1: Skihalle in Milton Keynes (Bedfordshire) - dann doch lieber echter Winter. Suchtgefahr niedrig.


Station 2: Brunch mit Blick auf das olympische Gelände 2012 - grösser, höher, weiter!

Station 3: Herbsttag in Greenwich - die schönste Sicht auf London - möge der Tag kein Ende nehmen...!

Station 4: ... oder vielleicht doch. zumindest für den Sonnenuntergang über der Themse bei einem Glas Weisswein.

Übermorgen stehe ich wieder in St.Gallen in der Kirche zum Predigen. Dazu mehr. Bald.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Ich bin eine Milliardenbetrügerin!

The iPhone 4S (Pic: Getty Images)Der Alltag in der Schweiz ist, zumindest im Vergleich zu Frankreich und England, von einer leicht technologiefeindlichen Tendenz geprägt. Während in anderen Teilen Europas Mobiltelefon und E-Mail ihren Platz zur schnellen Kontaktaufnahme zwischen Menschen erobert haben und man Informationen innert kürzester Zeit einholen kann, ist es in der Schweiz keine Garantie, seine Freunde dank mobilen Geräten innert nützlicher Frist zu erreichen. Es braucht alles seine Zeit. Manchmal ist das ärgerlich, insbesondere dann, wenn die Absprachen mit Bekannten in Griechenland, England oder Litauen viel fixer über die Bühne gehen als mit denjenigen Menschen, die im gleichen Land leben.

Eine irritierende Begenung dieser Art hatte ich letzte Woche im Vikariatskurs in Basel. Nach intensiven Wochen in den Kirchgemeinden waren die Vikare und Vikarinnen zum ersten Mal seit Beginn im August wieder versammelt. Erste Unterrichtslektionen und Gottesdienste, unzählige Begegnungen mit Gemeindegliedern und das Einfinden im Pfarrteam bewegten die Gemüter. Die Stimmung forderte demnach einen lebhaften Austausch zwischen den angehenden Pfarrer und Pfarrerinnen. Dieser wurde uns jedoch verwehrt. Das Programm bestand aus stundenlangen trockenen Referaten, Tag für Tag, Abend für Abend, so dass für lockeres Plaudern und Reflektieren schlicht kein Raum blieb. Mir ein Rätsel, wie man an Bedürfnissen einer Gruppe so konsequent vorbeiplanen kann.

Allgemeine Unruhe und Frustration machten sich sicht- und hörbar breit. Die Woche hat meine Erlebnisse aus der Gemeinde nicht aufgefangen, sondern eine bleierne Müdigkeit über meine Knochen gelegt. Die letzte Bastion der Autonomie war denn noch der Griff zum iPhone während eines weiteren nicht enden wollenden Referates. Diese Mini-Verweigerung veranlasste einen Kursleiter kurz vor Mittag dazu, uns wie Kleinkinder zu ermahnen, wie unhöflich das Spiel mit dem Telefon während eines Vortrages sei, ignorierend, dass auf so einem Gerät auch Notizblöcke oder Agenden für postmoderne Menschen integriert sind.

Folgender Dialog mit einem Kursleiter spielte sich ab, nachdem ich gegen diese Entmündigung protesiert hatte:

"Wie machst du das denn im Konfirmationsunterricht? Dürfen sie da etwa Handy's benutzen?" - 


"Wir machen mit den Jugendlichen der Gemeinde eigentlich fast alles per Handy." - 


"Ja und wie kontrollierst du denn, dass sie nicht spielen?" - 


"Vertrauen..." - 


"Vertrauen?! Man hat ja in England gesehen, wohin das mit dem Vertrauen führt! Da hat doch einer bei der UBS wegen mangelnder Kontrolle zwei Milliarden verspielt."

057PS1_TimNoble_SueWebster_dollar.JPGNa, das ist ja mal ein einleuchtender Grund, während Referatsblöcken nicht mehr mit dem Mobiltelefon zu hantieren. Nicht dass die Vikare noch das ganze Vermögen der Kirchen auf den freien Markt werfen!