Dienstag, 11. Oktober 2011

Ich bin eine Milliardenbetrügerin!

The iPhone 4S (Pic: Getty Images)Der Alltag in der Schweiz ist, zumindest im Vergleich zu Frankreich und England, von einer leicht technologiefeindlichen Tendenz geprägt. Während in anderen Teilen Europas Mobiltelefon und E-Mail ihren Platz zur schnellen Kontaktaufnahme zwischen Menschen erobert haben und man Informationen innert kürzester Zeit einholen kann, ist es in der Schweiz keine Garantie, seine Freunde dank mobilen Geräten innert nützlicher Frist zu erreichen. Es braucht alles seine Zeit. Manchmal ist das ärgerlich, insbesondere dann, wenn die Absprachen mit Bekannten in Griechenland, England oder Litauen viel fixer über die Bühne gehen als mit denjenigen Menschen, die im gleichen Land leben.

Eine irritierende Begenung dieser Art hatte ich letzte Woche im Vikariatskurs in Basel. Nach intensiven Wochen in den Kirchgemeinden waren die Vikare und Vikarinnen zum ersten Mal seit Beginn im August wieder versammelt. Erste Unterrichtslektionen und Gottesdienste, unzählige Begegnungen mit Gemeindegliedern und das Einfinden im Pfarrteam bewegten die Gemüter. Die Stimmung forderte demnach einen lebhaften Austausch zwischen den angehenden Pfarrer und Pfarrerinnen. Dieser wurde uns jedoch verwehrt. Das Programm bestand aus stundenlangen trockenen Referaten, Tag für Tag, Abend für Abend, so dass für lockeres Plaudern und Reflektieren schlicht kein Raum blieb. Mir ein Rätsel, wie man an Bedürfnissen einer Gruppe so konsequent vorbeiplanen kann.

Allgemeine Unruhe und Frustration machten sich sicht- und hörbar breit. Die Woche hat meine Erlebnisse aus der Gemeinde nicht aufgefangen, sondern eine bleierne Müdigkeit über meine Knochen gelegt. Die letzte Bastion der Autonomie war denn noch der Griff zum iPhone während eines weiteren nicht enden wollenden Referates. Diese Mini-Verweigerung veranlasste einen Kursleiter kurz vor Mittag dazu, uns wie Kleinkinder zu ermahnen, wie unhöflich das Spiel mit dem Telefon während eines Vortrages sei, ignorierend, dass auf so einem Gerät auch Notizblöcke oder Agenden für postmoderne Menschen integriert sind.

Folgender Dialog mit einem Kursleiter spielte sich ab, nachdem ich gegen diese Entmündigung protesiert hatte:

"Wie machst du das denn im Konfirmationsunterricht? Dürfen sie da etwa Handy's benutzen?" - 


"Wir machen mit den Jugendlichen der Gemeinde eigentlich fast alles per Handy." - 


"Ja und wie kontrollierst du denn, dass sie nicht spielen?" - 


"Vertrauen..." - 


"Vertrauen?! Man hat ja in England gesehen, wohin das mit dem Vertrauen führt! Da hat doch einer bei der UBS wegen mangelnder Kontrolle zwei Milliarden verspielt."

057PS1_TimNoble_SueWebster_dollar.JPGNa, das ist ja mal ein einleuchtender Grund, während Referatsblöcken nicht mehr mit dem Mobiltelefon zu hantieren. Nicht dass die Vikare noch das ganze Vermögen der Kirchen auf den freien Markt werfen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen